Die „Great Spa Towns of Europe“; Der Weg auf die Welterbeliste

Von den Great Spas of Europe zu den Great Spa Towns of Europe

Die Nominierung der „Great Spas of Europe“ zum UNESCO-Welterbe, zu der auch Baden gehört wurde von den sieben teilnehmenden Vertragsstaaten gemeinsam vorbereitet. Es handelte sich dabei um Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Italien, das Vereinigte Königreich und Tschechien.

Die Nominierung umfasste die Gruppe der jetzt als UNESCO-Welterbe anerkannten elf Kurstädte, bestehend aus: Baden bei Wien (Österreich), Spa (Belgien), Františkovy Lázně, Karlovy Vary, Mariánské Lázně (Tschechien), Vichy (Frankreich), Bad Ems, Bad Kissingen, Baden-Baden (Deutschland), Montecatini Terme (Italien) und City of Bath (Großbritannien). Für Österreich wurde die Arbeit von den zuständigen Bundesstellen zusammen mit Experten der Stadt Baden unter der Führung des Welterbe-Beauftragten StR Hans Hornyik durchgeführt.
Experten aus den sieben Staaten und elf Städten erarbeiteten von 2012 bis 2018 die Nominierungsunterlagen. Diese wurden 2019/2020 im Auftrag des UNESCO-Welterbezentrums von internationalen Expertenteams von ICOMOS Paris geprüft. Der Prüfbericht wurde im Juni 2021 auf der Website des Welterbezentrums veröffentlicht, die Eintragung der Great Spas of Europe in die Liste des UNESCO Welterbes fachlich empfohlen.

ICOMOS Report vom 4.6.2021, Auszug zu den Great Spas of Europe [Link zu: 2021-06-04_ICOMOS Recommendations EN]

Neben diversen Nachbesserungen in Bezug auf die einzelnen Teilstädte der Great Spas of Europe, empfahl ICOMOS die Umbenennung der Serie in Great Spa Towns of Europe. Das UNESCO Welterbe Komitee ist dieser Empfehlung gefolgt, woraus sich der erweiterte Namen ergeben hat.

Die Baden bei Wien betreffenden Empfehlungen von ICOMOS hinsichtlich der Grenze zwischen dem Property und der Pufferzone und der Einbeziehung aller Teile des Properties in Ortsbildschutzzonen sind weitgehend bereits erfüllt. Ein Lokaler GSE-Sitemanager wird in den kommenden Monaten bestellt.

Am 24. Juli 2021 wurden die Great Spa Towns of Europe in die Liste des UNESCO Welterbes eingetragen

Weitere Informationen zu den Great Spa Towns of Europe finden Sie unter https://greatspasofeurope.org/

Ansprechpartner: StR Hans Hornyik +43 676/812 11 489
 

Baden und die "Great Spa Towns of Europe"

Baden bei Wien blickt auf eine 2000 Jahre alte Bädertradition und reiche Kulturgeschichte zurück, die sich bis heute im Stadtbild widerspiegelt.
Im 19. Jhdt. und frühen 20. Jhdt. zählt Baden bei Wien zu den europäischen Kurstädten von Weltgeltung.

Die "Great Spa Towns of Europe", zu denen neben Baden bei Wien 10 weitere europäische Kurstädte zählen, wurden am 24. Juli 2021 in die Liste UNESCO-Welterbes eingetragen. Grund dafür ist die Außergewöhnlichkeit der internationalen Bäderstädte mit ihrem besonderen Siedlungstyp "Kurstadt", mit ihren landschaftlichen und städtebaulichen Besonderheiten, sowie seiner vielfältigen kulturgeschichtlichen Bedeutung für die europäische Bädergeschichte. Die Great Spas of Europe sind ein ganzheitliches Phänomen. Die ausgewählten Kurstädte sind nicht für sich selbst die Liste des Weltkulturerbes eingetragen, sondern die Great Spas of Europe als Serie aller elf Städte.

Herausragender Universelle Wert (Outstanding Universal Value - OUV) Quelle: ICOMOS-Report vom 4.6.2021) [Link zu: 2021-06-04_ICOMOS Recommendations EN]

Folgender herausragender universeller Wert wurde seitens des UNESCO Welterbe Komitees für die Great Spa Towns of Europe erkannt:

Die Great Spa Towns of Europe sind ein außergewöhnliches Zeugnis des europäischen Kurphänomens, das von der Zeit um 1700 bis in die 1930er Jahre seinen höchsten Ausdruck fand. Dieses transnationale serielle „Property“ umfasst elf Kurstädte in sieben Ländern: Baden bei Wien (Österreich); Spa (Belgien); Karlovy Vary, Františkovy Lázně und Mariánské Lázně (Tschechien); Vichy (Frankreich), Bad Ems, Baden-Baden und Bad Kissingen (Deutschland); Montecatini Terme (Italien); und City of Bath (Großbritannien). Die Serie umfasst die modernsten, dynamischsten und internationalsten Kurstädte unter hunderten Kurstädten, die ebenfalls zum europäischen Kurphänomen beigetragen haben.

Obwohl jede Kurstadt anders ist, haben sich alle Städte um Mineralwasserquellen herum entwickelt, die der Katalysator für ein räumliches Organisationsmodell waren, das Heil-, Therapie-, Erholungs- und Sozialfunktionen gewidmet ist. Ensembles von Kurgebäuden umfassen Bäder, Brunnenhallen, Trinkhallen, Anlagen für die Kurbehandlungen und Kolonnaden, welche die Wasserressourcen nutzbar machen und deren praktische Nutzung zum Baden und Trinken ermöglichen. Externe und interne Kurbehandlungen („taking the cure“) wurden durch Bewegungs- und gesellschaftliche Aktivitäten ergänzt, die Besuchereinrichtungen wie Versammlungsräume, Casinos, Theater, Hotels, Villen und zugehörige Infrastrukturen (von Wasserleitungssystemen und Salzproduktionsanlagen bis hin zu Eisenbahnen und Standseilbahnen) erforderten.

Alle Einrichtungen sind in einen städtebaulichen Gesamtkontext integriert, der ein sorgfältig verwaltetes Erholungs- und Therapieumfeld aus Parks, Gärten, Promenaden, Sportanlagen und Wäldern umfasst. Gebäude und Räume verbinden sich visuell und physisch mit der sie umgebenden Landschaft, die regelmäßig zur sportlichen Betätigung als Beitrag zur Kurtherapie, zur Entspannung und zum Vergnügen genutzt wird.

Kriterien zur Eintragung in die UNESCO-Welterbeliste. Quelle: ICOMOS-Report vom 4.6.2021) [Link zu: 2021-06-04_ICOMOS Recommendations EN]

Für die Eintragung in die Liste des UNESCO-Welterbes muss eines von zehn sogenannten Kriterien erfüllt sein. Die Great Spa Towns of Europe entsprechen zwei dieser Kriterien.

Kriterium (ii) „Die Stätte muss während einer Zeitspanne oder in einem Kulturgebiet der Erde beträchtlichen Einfluss auf die Entwicklung der Architektur, der Großplastik oder des Städtebaus und der Landschaftsgestaltung ausgeübt haben“:

Die Great Spa Towns of Europe stellen einen bedeutenden Schnittpunkt innovativer Ideen dar, welche die Entwicklung von Medizin, Balneologie und Freizeitaktivitäten von etwa 1700 bis in die 1930er Jahre beeinflussten. Dieser Schnittpunkt drückt sich materiell durch eine städtebauliche Typologie aus, die sich um die Heilquellen herum entwickelte und der Gesundheit und Freizeit gewidmet war. Diese Ideen beeinflussten die Popularität und Entwicklung von Kurorten und der Balneologie in ganz Europa und in anderen Teilen der Welt.

Die Great Spa Towns of Europe wurden zu Zentren des Experimentierens, die mit ihren Konkurrenten Schritt hielten, indem sie sich den wechselnden Geschmäckern, Wünschen und Bedürfnissen der Besucher anpassten. Abgesehen von den Ärzten waren die Architekten, Designer und Gärtner die Hauptträger der Transmission, welche die gebaute und „natürliche“ Umgebung schufen, die dem Kur-Leben einen Rahmen gab. So zeigt das „Property“ bedeutende Beispiele der Bäderarchitektur wie Kurhaus und Kursaal, Trinkhalle, Kolonnaden und Galerien, die die natürliche Ressource Mineralwasser nutzbar machen und deren praktische Nutzung zum Baden und Trinken ermöglichen.

Kriterium (iii) „Die Stätte muss ein einzigartiges oder zumindest außergewöhnliches Zeugnis einer bestehenden oder untergegangenen Zivilisation oder Kulturtradition darstellen“:

Die Great Spa Towns of Europe legen ein außergewöhnliches Zeugnis des europäischen Bäderphänomens ab, das seine Wurzeln in der Antike hat, aber seine höchste Blütezeit von etwa 1700 bis in die 1930er Jahre erreichte. „Zur Kur zu gehen“ („taking the cure“), entweder äußerlich (durch Baden) oder innerlich (durch Trinken und Inhalieren) beinhaltete einen stark strukturierten und zeitlich festgelegten Tagesablauf und eine Kombination aus medizinischen Aspekten und Freizeit, einschließlich Unterhaltung und gesellschaftlicher Aktivitäten (z. B. Glücksspiel, Theater, Musik, Tanzen) sowie körperliche Betätigung in einer therapeutischen Kur-Landschaft.

Diese Parameter beeinflussten unmittelbar die städtebauliche Struktur und Funktion der Kurstädte sowie die Form und Funktion der Kurgebäude und kurörtlichen Architektur. Städtische Parks und Promenaden ermöglichen den Kurgästen zu sehen und gesehen zu werden.

Integrität und Authentizität; Quelle: ICOMOS-Report vom 4.6.2021) [Link zu: 2021-06-04_ICOMOS Recommendations EN]

Für zur Eintragung in die Liste des Welterbes nominierte Sites muss nachgewiesen werden, dass die in originalem Zustand und weitgehend erhalten sind. Für die Great Spa Towns of Europe wurde seitens ICOMOS International festgestellt:

Integrität, Die elf Teilstätten (das sind die elf genannten Kurstädte) aus welchen die serielle Welterbestätte (Property) besteht, repräsentieren die herausragendsten Beispiele europäischer Kurorte. Alle Teilstätten teilen eine Reihe von prägenden Merkmalen, die in der wichtigsten „kulturbildenden“ Phase ihrer Geschichte und städtebaulichen Entwicklung zwischen etwa 1700 und den 1930er Jahren, entstanden sind. Jeder Ort setzt Funktion und Zweck, für die er ursprünglich entwickelt wurde, bis heute fort.

Die Serie illustriert die wichtigsten Entwicklungsstadien des Kurphänomens, angefangen bei den einflussreichsten Kurorten im 18. Jahrhundert über die Entwicklung von Modellkurorten im 19. Jahrhundert bis hin zu Städten, die von den letzten Stadien des Phänomens im frühen 20. Jahrhundert zeugen.

Die Grenzen des „Properties“ werden in Bezug auf die Kartierung der Attribute festgelegt, die den Außergewöhnlichen Universellen Wert vermitteln, nämlich: die wichtigsten kurörtlichen Strukturen und Gebäude, die für die Anwendung der Heilwässer verwendet werden; die sozialen Einrichtungen und Gebäude für Freizeit und Vergnügen; Beherbergungseinrichtungen; kurortspezifische infrastrukturelle Einrichtungen; und die umliegende therapeutische- und Erholungslandschaft. Pufferzonen wurden sowohl zum Schutz der Thermalquellenfassungen als auch für den wichtigen Umgebungsbereich festgelegt.

Alle Teilstätten und deren konstituierende Elemente sind generell in gutem Zustand. Für Elemente, die einer konservatorischen Maßnahme bedürfen sind entweder bereits Arbeiten geplant oder sie warten auf alternative Nutzungen, bei der der gegenwärtige Erhaltungszustand gewahrt bleibt. Modernisierungen und Sanierungen gewährleisten die Einhaltung von Hygienestandards, neuer Bädertechnik und betrieblichen Anforderungen, können aber auch zu Spannungen mit dem Schutz von historischen Gebäuden führen. Dies muss sorgfältig behandelt werden. Die Aufgabe der Wiederherstellung und technischen Modernisierung der historischen Bausubstanz ist eine vergleichbare Herausforderung.

Authentizität, Das „Property“ erfüllt die Bedingungen der Authentizität in Form und Gestaltung, Material und Substanz, Nutzung und Funktion, Tradition, Lage und Umgebung.

Alle elf Teilstätten drücken den Außergewöhnlichen Universellen Wert des „Properties“ durch eine Vielzahl gemeinsamer und sehr authentischer Attribute aus: Mineralquellen von großer Vielfalt, die ihre natürlichen Eigenschaften beibehalten, einschließlich Zusammensetzung, Lage und Umgebung; eine eindeutige und gut lesbare Stadtanlage und eine gut gepflegte Lage und Umgebung, die zusammen Geist und Flair der Orte bis heute bewahrt hat; Kurarchitektur, die in Form und Gestaltung authentisch bleibt, ursprüngliche Materialien und Substanz, auch wenn einige Gebäude eine Nutzungsänderung erfahren haben; die Kurlandschaft, die ihre Form, ihr Design und ihre Funktion beibehält und weiterhin für den Zweck verwendet wird, für den sie entworfen wurde; Kur-Infrastruktur, von der ein Großteil entweder original ist oder nach ursprünglichen Prinzipien entwickelt wurde und weiterhin genutzt wird; kontinuierliche Nutzung und Funktion für die Kur trotz der Notwendigkeit, die heutigen Standards zu erfüllen.

Die Authentizität und die glaubwürdige Darstellung der Attribute, die in Strukturen aus der Zeit von etwa 1700 bis in die 1930erJahre, der wichtigsten Periode des Beitrags zum Außergewöhnlichen Universellen Wert, eingebettet sind, findet zudem Ausdruck in kontinuierlichen und weitreichenden Konservierungsmaßnahmen, die durch umfangreiche Archivsammlungen von Plänen, Dokumenten, Veröffentlichungen und Fotografien an jedem der elf Bestandteile gestützt werden.

Bürgermeister Dipl.-Ing. Stefan Szirucsek: „Die Great Spa Townss of Europe vereinigen die weltweit besten Adressen für Kur und Gesundheit. Das Weltkulturerbe bewirkt eine Besinnung auf die ureigentlichen Stärken dieser Städte: Gesundheit und Entspannung. Für Baden ist diese Kooperation eine einmalige Chance, die Entwicklung des Tourismus auf eine ganz neue Qualitätsebene zu stellen."

Nomination Dossier. Das Dossier wird nach getroffener Entscheidung des Welterbe Komitees auf der Website des Welterbezentrums Paris veröffentlicht.

https://whc.unesco.org/en/list/

Die „harten“ Fakten zum Nomination Dossier:

  • 1434 Seiten
  • 6 Bände
  • 5,3 kg